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04. März 2024

Daten juristischer Personen – geschützt oder nicht?

Juristische Personen können sich nicht auf das Auskunftsrecht nach DSGVO berufen
Bild: iStock.com / adventtr
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Auskunftsrecht
Die DSGVO gewährt betroffenen Person umfangreiche Rechte. Gelten diese Rechte auch für juristische Personen, also etwa für eine GmbH? Ein Fall aus der Finanzgerichtsbarkeit zeigt, wie schwer eine allgemeine Antwort fällt.

➧ Eigentlich ging es anfangs nur um Umsatzsteuern

Den Ausgangspunkt bildet ein Prozess vor einem Finanzgericht. In diesem Prozess geht es um die Zahlung von Umsatzsteuern für vier Jahre. Klägerin ist eine GmbH, Beklagter ein Finanzamt. Doch die steuerlichen Details können völlig außen vor bleiben. Denn gestritten wird jetzt erst einmal um einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

➧ Die Klägerin möchte vom Gericht Kopien bekommen

Die GmbH als Klägerin macht dieses Recht gegenüber dem Finanzgericht geltend, also nicht etwa gegenüber dem Finanzamt. Sie fordert vom Finanzgericht vollständige Kopien aller Akten, die dort im Zusammenhang mit dem Prozess entstanden sind. Außerdem soll ihr das Gericht Kopien aller Verwaltungsakten des Finanzamts zur Verfügung stellen, die dem Gericht vorliegen.

➧ Eine Akteneinsicht wäre problemlos

Warum sich die GmbH auf das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO versteift, bleibt dabei unklar. Denn natürlich gibt es bei jedem Gericht die Möglichkeit der sogenannten „Akteneinsicht“. Für die Finanzgerichte ist sie in der Finanzgerichtsordnung geregelt. Wer an einem Gerichtsverfahren beteiligt ist, bekommt die Akten des Gerichts auf Wunsch für einige Zeit vorgelegt, kann sie durcharbeiten und sich davon auch Kopien machen.

➧ Die Klägerin will aber ausdrücklich Auskunft nach Art. 15 DSGVO

Das Finanzgericht hatte der GmbH vorgeschlagen, doch einfach diese Möglichkeit zu nutzen. Von ihr will die GmbH jedoch ausdrücklich keinen Gebrauch machen. Möglicherweise geht es ihr schlicht darum, die gewünschten Kopien kostenlos zu bekommen. Denn bekanntlich ist der erste Satz Kopien bei einer Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO kostenlos.

➧ Die DSGVO müsste überhaupt anwendbar sein

Die Frage ist allerdings, ob sich eine juristische Person wie etwa eine GmbH überhaupt auf Art. 15 DSGVO berufen kann. Noch allgemeiner formuliert lautet die Frage, ob die DSGVO insgesamt auf juristische Personen anwendbar ist oder nicht. Die DSGVO ist nur anwendbar, wenn „personenbezogene Daten“ verarbeitet werden. Dies ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 DSGVO, der ausdrücklich eine „Verarbeitung personenbezogener Daten“ voraussetzt.

➧ „Personenbezogen“ sind nur Daten von Menschen

Personenbezogen in diesem Sinn sind Daten jedoch nur, wenn sie sich auf natürliche Personen beziehen, also auf Menschen. Das ergibt sich aus der Definition des Begriffs der personenbezogenen Daten in Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Die Definition lässt keine Spielräume, ihr Wortlaut ist eindeutig.

➧ Das unterstreicht die DSGVO gleich mehrfach

Dennoch verfährt die DSGVO hier nach dem Motto „Doppelt genäht hält besser.“ Erwägungsgrund 14 zur DSGVO hebt in seinem zweiten Satz nämlich nochmals ausdrücklich hervor: „Diese Verordnung gilt nicht für die Verarbeitung personenbezogener Daten juristischer Personen und insbesondere als juristische Person gegründeter Unternehmen, einschließlich Name, Rechtsform oder Kontaktdaten der juristischen Person.“

➧ Mit Art. 15 DSGVO kommt die Klägerin deshalb nicht weiter

Damit ist das Ergebnis völlig eindeutig: Über Art. 15 DSGVO kommt die GmbH nicht weiter. Diese Vorschrift ist für sie als juristische Person gar nicht anwendbar. Einen Anspruch auf Kopien welcher Daten auch immer gibt Art. 15 DSGVO der GmbH nicht. So sah es schon das Finanzgericht und so sieht es jetzt auch der Bundesfinanzhof, zu dem das Verfahren inzwischen gelangt ist.

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➧ Hintergrund des Ganzen sind die Grundrechte

Nur zur Ergänzung bezieht sich der Bundesfinanzhof auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Thema. Dort erläutert der EuGH, warum die DSGVO sich auf den Schutz von Daten natürlicher Personen beschränkt. Der EuGH betont in diesem Urteil: „Mit der DSGVO soll insbesondere die Wahrung der Grundrechte natürlicher Personen sichergestellt werden.“

Damit meint er insbesondere das Datenschutzgrundrecht, das in Art. 8 der Europäischen Grundrechte-Charta verankert ist. Es gilt nur für natürliche Personen. Juristische Personen haben zwar auch gewisse Grundrechte. Sie betreffen aber andere Themen, etwa das Recht auf Eigentum.

➧ Bei einer „Ein-Mann-GmbH“ könnte das Ergebnis einmal anders sein

Offen lässt der Bundesfinanzhof, ob es bei einer sogenannten „Ein-Mann-GmbH“ denkbar ist, dass die DSGVO doch ins Spiel kommt. Eine „Ein-Mann-GmbH“ ist dadurch gekennzeichnet, dass sie nur einen einzigen Gesellschafter hat, der zugleich der einzige Geschäftsführer dieser GmbH ist. Oft trägt die GmbH dann auch noch den Namen dieser Person in ihrem Namen (Beispiel: „Michael Müller GmbH“).

Viele Juristen sind der Meinung, dass sich die Daten der GmbH in solchen Fällen zumindest auch auf die Person des Gesellschafters / Geschäftsführers beziehen. Und der ist ja eine natürliche Person. Das könnte ein Ansatzpunkt dafür sein, um hier die DSGVO doch anzuwenden.

➧ Im konkreten Fall führt aber auch dieser Ansatz nicht weiter

Aber solche Überlegungen weist der Bundesfinanzhof für den konkreten Fall, den er zu entscheiden hatte, schon aus formalen Gründen zurück. Sein Argument: Einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO macht hier ausschließlich die GmbH geltend, nicht dagegen ein Gesellschafter oder ein Geschäftsführer dieser GmbH.

Deshalb kommt es gar nicht darauf an, ob sich Daten der GmbH (etwa ihr Name) vielleicht auch auf den Gesellschafter oder Geschäftsführer beziehen.

➧ Für die Zukunft bleibt es spannend

Man darf gespannt sein, wie es ausgehen wird, wenn demnächst der Gesellschafter / Geschäftsführer einer „Ein-Mann-GmbH“ einen entsprechenden Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO geltend macht.

Dass einer solchen Person ein derartiger Auskunftsanspruch vom Ansatz her zusteht, steht außer Frage. Dies sieht auch der Bundesfinanzhof so. Er weist nämlich darauf hin, dass zwar juristische Personen keine Rechte aus der DSGVO ableiten könnten. Bei natürlichen Personen, die „hinter“ einer juristischen Person stehen, sei das jedoch anders. Zu prüfen bliebe dann noch, ob das Auskunftsrecht im konkreten Fall aus irgendeinem besonderen Grund ausgeschlossen ist.

➧ Hier finden Sie den Beschluss des Bundesfinanzhofs

Quelle für unsere Darstellung ist der Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 8.2.2024 – IX B 113/22. Der Beschluss ist sofort zu finden, wenn man das Aktenzeichen bei Google oder einer anderen Suchmaschine eingeben.

➧ Hier kommen Sie zum Urteil des EuGH

Der Bundesfinanzhof bezieht sich auf das Urteil des EuGH vom 10. 12.2020 – C-620/19. Auch dieses Urteil ist über das Aktenzeichen in jeder Suchmaschine sofort zu finden.

Dr. Eugen Ehmann

Dr. Eugen Ehmann
Verfasst von
Dr. Eugen Ehmann
Dr. Eugen Ehmann
Dr. Eugen Ehmann ist ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet des Datenschutzes in Unternehmen & Behörden. Er ist Herausgeber eines renommierten DSGVO-Kommentars und Autor zahlreicher Beiträge in der Datenschutz PRAXIS sowie in vielen weiteren Datenschutz-Veröffentlichungen. Außerdem moderiert er seit 2003 den Datenschutz-Kongress IDACON

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