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19. Oktober 2021

Bilder der Kinder: Wer darf über die Veröffentlichung entscheiden?

Wer muss einwilligen, wenn Vereine oder Unternehmen Fotos von Kindern ins Internet stellen wollen?
Bild: iStock.com / stock_colors
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Urteil zur Einwilligung bei Kindern
Ein Ehepaar hat sich getrennt. Die beiden gemeinsamen Kinder leben bei der Mutter. Wer darf darüber entscheiden, ob Fotos der Kinder im Internet veröffentlicht werden? Die Antwort des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist für alle Unternehmen und Vereine wichtig, die auf ihren Internetseiten Bilder von Kindern veröffentlichen. Besonders Sportvereine werden sie aufmerksam lesen.

Die Eltern streiten darüber, wer das Sagen hat

Lebt ein Ehepaar getrennt, kann es vor Gericht sogar darüber streiten, wer einen Rechtsstreit für die gemeinsamen Kinder führen darf. Dazu kam es hier, weil das Paar unterschiedlicher Meinung darüber war, ob Bilder der gemeinsamen Kinder ins Internet gestellt werden dürfen oder nicht.

Der Vater der Kinder hat eine neue Lebensgefährtin

Die familiäre Ausgangslage stellt sich so dar:

  • Die Eltern der zwei Mädchen, um deren Fotos es geht, leben getrennt. Die elterliche Sorge für die Mädchen steht ihnen aber gemeinsam zu.
  • Die Mädchen sind um die zehn Jahre alt. Sie leben zwar bei der Mutter. Sie halten sich jedoch auch regelmäßig bei ihrem Vater auf.
  • Der Vater hat eine neue Lebensgefährtin. Mit ihr scheinen sich die beiden Mädchen recht gut zu verstehen. Die Frau betreibt einen Friseursalon.

Die Lebenspartnerin wirbt mit Fotos der Kinder

Mit Werbefotos für diesen Friseursalon begann der Ärger. Diese Fotos zeigen die beiden Mädchen beim Haare schneiden. Aufgenommen hat die Fotos die Lebensgefährtin des Vaters. Um für ihren Friseursalon zu werben, hat sie die Fotos in ihren Facebook-Account und bei Instagram eingestellt.

Die Mutter der Kinder will das unterbinden

Der Vater hatte nichts gegen die Fotos, die Kinder auch nicht. Die Mutter hatte man – vielleicht weil man schon ahnte, wie sie zu dem Thema steht – bei der ganzen Angelegenheit lieber nicht beteiligt. Als die Mutter die Fotos im Netz vorfand, forderte sie die neue Lebensgefährtin ihres Mannes auf, die Fotos aus dem Internet zu entfernen.

Die Lebenspartnerin stellt noch mehr Bilder online

Die Frau dachte jedoch nicht daran. Nach dem Motto „Und jetzt erst recht!“ stellte sie sogar noch weitere Fotos der Kinder in ihre Accounts ein.

Dies brachte die Mutter der Kinder regelrecht auf die Palme. Sie wollte gegen die Frau rechtlich vorgehen. Ihren Noch-Mann forderte sie dazu auf, einem gerichtlichen Vorgehen gegen seine Lebensgefährtin zuzustimmen. Dies lehnte der Mann schriftlich ab.

Die Mutter beantragt eine einstweilige Anordnung

Daraufhin stellte die Mutter beim zuständigen Familiengericht einen Antrag auf einstweilige Anordnung. Sie beantragte das alleinige Sorgerecht für die beiden Kinder „im Hinblick auf die außergerichtliche und gerichtliche Auseinandersetzung“ mit der Lebensgefährtin wegen „der unerlaubten Veröffentlichung und gewerblichen Verbreitung von Bildern der Kinder im Internet und in sozialen Netzwerken“.

Ihr Ziel war es also, in diesem Bereich künftig allein entscheiden zu können, ohne Beteiligung des Vaters der Kinder.

Die Lebensgefährtin nimmt die Bilder der Kinder aus dem Netz

Nun bekam die Lebensgefährtin des Vaters wohl doch kalte Füße. Sie entfernte alle Bilder aus dem Internet. Eine Unterlassungserklärung gab sie jedoch nicht ab. Damit blieb unklar, ob sie die Bilder künftig vielleicht doch wieder ins Netz stellen würde.

Das Amtsgericht gibt der Mutter das alleinige Entscheidungsrecht

Das Amtsgericht erkannte der Mutter das alleinige Entscheidungsrecht zu. Dagegen legte der Vater der Kinder Beschwerde ein. Er warf der Mutter vor, das Kindeswohl sei gar nicht ihr Thema. Vielmehr wolle sie einen Kleinkrieg mit seiner neuen Lebensgefährtin führen. Es gehe ihr lediglich um Machtspiele auf dem Rücken der Kinder.

Das sehe man vor allem daran, dass die Mutter auch selbst Fotos der Kinder in sozialen Netzwerken veröffentlicht habe. Ihn hätte sie dabei auch nicht nach seiner Einwilligung gefragt.

Das Oberlandesgericht bestätigt diese Entscheidung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf folgte den Argumenten des Vaters nicht. Es bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Damit kann die Mutter der Kinder künftig allein darüber entscheiden, ob andere Personen Fotos der Kinder im Internet veröffentlichen dürfen oder nicht.

Die Sache hat erhebliche Bedeutung

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts handelt es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für ein Kind, wenn gegen die unberechtigte Veröffentlichung von Fotos des Kindes im Internet vorgegangen werden soll.

Für den Fall, dass sich Eltern in einer solchen Angelegenheit nicht einigen können, kann das Familiengericht die Entscheidung darüber einem Elternteil allein übertragen. So regelt es § 1628 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Wichtig
Einmal im Netz – nie mehr einzufangen!

Die erhebliche Bedeutung der Angelegenheit ergibt sich daraus, dass das öffentliche Teilen von Bildern bei Facebook und Instagram erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder haben kann, die sich nur noch schwer aus der Welt schaffen lassen:

  • Die Bilder sind im Internet für einen unbegrenzten Personenkreis zugänglich.
  • Ihre Weiterverbreitung ist kaum kontrollierbar.
  • Eine verlässliche Löschung der Bilder ist nicht möglich.
  • Dies führt dazu, dass ein unbegrenzter Personenkreis die Kinder mit Abbildungen aus ihrer Kinderzeit konfrontieren kann.

Die Mutter erscheint dem Gericht zuverlässiger als der Vater

Das Gericht hat die Entscheidungsbefugnis dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Kindeswohl am besten entspricht. Dieser Elternteil ist hier die Mutter der Kinder. Im Gegensatz zum Vater bietet sie die Gewähr dafür, dass bei der Veröffentlichung von Bildern der Kinder die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.

Gemeinsame Sorge heißt Einwilligung beider Eltern

Zu diesen gesetzlichen Vorgaben gehört es, dass Bilder der Kinder nur mit der nötigen Einwilligung veröffentlicht werden. Gemeint ist damit nicht eine Einwilligung der Kinder. Auf sie kommt es nicht an. Denn die Kinder sind noch minderjährig und können selbst nicht wirksam einwilligen.

Da den Eltern die gemeinsame Sorge für die Kinder zustand, wäre vielmehr die Einwilligung beider Elternteile notwendig gewesen. Dies hat der Vater der Kinder ignoriert. Er hat der Veröffentlichung der Bilder allein zugestimmt. Die Mutter hat er nicht einmal darüber informiert, dass eine solche Veröffentlichung beabsichtigt ist. Damit hat er sein Sorgerecht für diesen Bereich gewissermaßen verspielt.

Hier erhält aber die Mutter die alleinige Entscheidungsbefugnis

Das Gericht hält es für notwendig, der Mutter der Kinder insoweit sofort die alleinige Handlungsbefugnis zu übertragen. Denn es sei jederzeit zu befürchten, dass es zu einer wiederholten Verbreitung der Bilder kommt.

Niemand wisse, ob die Lebensgefährtin des Vaters noch über die entsprechenden Bilddateien verfügt und wie sie sich künftig verhalten werde. Dass sie die Bilder aus dem Internet entfernt hat, sage für sich allein gar nichts.

Ihr eigenes Fehlverhalten wirkt sich nicht aus

Die Mutter hatte selbst Fotos der Kinder im Internet veröffentlicht, ohne den Vater der Kinder nach seiner Einwilligung zu fragen. Doch das ist nach Auffassung des Gerichts jetzt nicht das Thema.

Es gehe allein darum, dass die Lebensgefährtin des Vaters in rechtswidriger Weise Bilder der Kinder veröffentlicht habe. Es sei ausschließlich darüber zu entscheiden, wer dagegen vorgehen könne. Und ein effektives Einschreiten sei insoweit nur von der Mutter der Kinder zu erwarten. Schließlich hat der Vater ja sogar seinen „Segen“ zu der Veröffentlichung der Bilder gegeben.

Bei Kinder-Bildern immer die Einwilligung beider Eltern einholen!

Die Entscheidung ist von großer Bedeutung für jeden, der Bilder von Kindern veröffentlichen will. Das gilt auch, wenn das nicht im kommerziellen Kontext geschieht, etwa bei Sportvereinen.

Praxis-Tipp
Es ist dringend zu raten, immer die Einwilligung aller Sorgeberechtigten einzuholen. Im Regelfall sind das Vater und Mutter der Kinder gemeinsam. So regelt es § 1626 BGB. Ansonsten besteht stets die Gefahr, dass der übergangene Sorgeberechtigte gerichtlich gegen die Veröffentlichung vorgeht.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20.7.2021 trägt das Aktenzeichen 1 UF 74/21. Er ist abrufbar unter https://www.itm.nrw/wp-content/uploads/OLG-Duesseldorf-1-UF-74-aus-2021.pdf.

Dr. Eugen Ehmann

Dr. Eugen Ehmann
Verfasst von
Dr. Eugen Ehmann
Dr. Eugen Ehmann
Dr. Eugen Ehmann ist ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet des Datenschutzes in Unternehmen & Behörden. Er ist Herausgeber eines renommierten DSGVO-Kommentars und Autor zahlreicher Beiträge in der Datenschutz PRAXIS sowie in vielen weiteren Datenschutz-Veröffentlichungen. Außerdem moderiert er seit 2003 den Datenschutz-Kongress IDACON
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