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19. September 2023

Heimliche Aufzeichnung eines Personalgesprächs: Kündigung zulässig?

Vorsicht bei heimlichen Gesprächsaufnahmen!
Bild: iStock.com / AntonioGuillem
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Inhalte in diesem Beitrag
Ärger in der Arbeit
Das Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist angespannt. Der Arbeitnehmer fürchtet eine Kündigung. Das nächste Personalgespräch zeichnet er lieber einmal heimlich auf. Das hat ernste Folgen.

➧ Warum zeichnete der Arbeitnehmer das Gespräch auf?

Ein Arbeitnehmer war seit 19 Jahren beim selben Arbeitgeber beschäftigt. Und nun das: Am 28.01.2022 rief ihn der Personalverantwortliche zu einem Personalgespräch. Der Personaler konfrontierte ihn mit einer ganzen Reihe von Verfehlungen. Der Arbeitnehmer verstand die Welt nicht mehr. Damit hatte er nicht gerechnet. Er befürchtete Konsequenzen für sein Arbeitsverhältnis. Drei Tage später, am 31.01.2022, rief ihn der Personaler erneut zu einem Gespräch. Dieses Mal wollte der Arbeitnehmer besonders umsichtig sein. Deshalb zeichnete er dieses Gespräch heimlich auf. Seinem Gegenüber sagte er davon lieber nichts. Sein Gegenüber ahnte auch nichts.

➧ Wie liefert er sich kurz danach selbst ans Messer?

Kurze Zeit danach versetzte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf eine andere Stelle. Das empfand der Arbeitnehmer als ungerecht. Er klagte gegen diese Versetzung. Die Aufnahme des Gesprächs vom 31.01.2022 bot er dabei als Beweismittel an. Das war dem Arbeitgeber zu viel des Schlechten. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte er dem Arbeitnehmer fristlos. Hilfsweise sprach er auch noch eine ordentliche Kündigung aus. Nun geht es um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis durch eine dieser beiden Kündigungen beendet worden ist.

➧ Warum lehnt das Arbeitsgericht eine fristlose Kündigung ab?

Als Ausgangspunkt stellt das Arbeitsgericht fest, dass sich der Arbeitnehmer durch die Aufzeichnung des Gesprächs strafbar gemacht hat. Die Aufzeichnung stellt eine strafbare Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes dar (siehe § 201 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch). Dennoch hält das Gericht die fristlose Kündigung für unwirksam. Dies beruht aber lediglich auf besonderen Umständen des Einzelfalls. In diesem Zusammenhang führt das Gericht insbesondere die lange Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers von 19 Jahren an und dass sich der Arbeitnehmer in einer emotionalen Ausnahmesituation befunden habe.

➧ Warum akzeptiert es gleichwohl eine ordentliche Kündigung?

Die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung hilft dem Arbeitnehmer im Ergebnis nichts. Denn – so das Arbeitsgericht – die ordentliche Kündigung ist wirksam. Sie ist nach Auffassung des Arbeitsgerichts sozial gerechtfertigt. Das sind die Argumente des Arbeitsgerichts:

  • Bei der heimlichen Aufzeichnung eines Personalgesprächs handelt es sich um eine schwere Pflichtverletzung.
  • Wegen der Schwere der Pflichtverletzung war eine Abmahnung vor der ordentlichen Kündigung nicht erforderlich.
  • Die ordentliche Kündigung ist sozial gerechtfertigt. Ein Arbeitgeber müsse gewährleisten können, dass seine Mitarbeiter sich im beruflichen Rahmen auf die Vertraulichkeit von Gesprächen verlassen können.
  • Den anderen Mitarbeitern sei es nicht zuzumuten, mit jemandem zusammen zu arbeiten, der ihre Persönlichkeitsrechte verletzt und dabei sogar eine Straftat begeht.

➧ Wie sieht das Bundesarbeitsgericht solche Fälle?

Das Gericht bewegt sich mit seiner Entscheidung auf der Linie, die das Bundesarbeitsgericht schon vor zehn Jahren vorgegeben hat. Sie lautet: „Das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen darf – auch im Betrieb – nicht heimlich mitgeschnitten werden.“ Dabei kommt es noch nicht einmal entscheidend darauf an, ob der Mitschnitt strafbar ist. Diese Grundsätze hat das Bundesarbeitsgericht in einem Fall aufgestellt, in dem es um die Kündigung eines Schwerbehinderten ging. Er hatte mehrere Gespräche im Betrieb heimlich aufgezeichnet.

➧ Worin besteht der Bezug zum Datenschutz?

Auf den ersten Blick geht es in Fällen dieser Art „nur“ um Arbeitsrecht, nicht um Datenschutz. Dieser Eindruck täuscht jedoch. Denn es ist denkbar, dass Gesprächspartner Schadensersatz gemäß Art. 82 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) fordern, wenn ihr Gegenüber das Gespräch heimlich aufgezeichnet hat. Eine solche heimliche Aufzeichnung stellt eine rechtswidrige Verarbeitung von personenbezogenen Daten dar. Dass auch Tonaufzeichnungen vom Begriff der personenbezogenen Daten erfasst werden, ist allgemeine Auffassung.

➧ Wo ist das maßgebliche Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu finden?

Der Fall war Gegenstand eines Urteils des Arbeitsgerichts Freiburg (Breisgau) vom 27.10.2022 – 2 Ca 193/22. Der Volltext dieses Urteils ist bisher nicht im Internet veröffentlicht. Im Internet verfügbar ist jedoch das grundlegende Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19.07.2012 – 2 AZR 989/11. Es ist abrufbar unter https://openjur.de/u/591561.html. Das Zitat ist in Rn. 45 des Urteils enthalten.

Dr. Eugen Ehmann

Dr. Eugen Ehmann
Verfasst von
Dr. Eugen Ehmann
Dr. Eugen Ehmann
Dr. Eugen Ehmann ist ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet des Datenschutzes in Unternehmen & Behörden. Er ist Herausgeber eines renommierten DSGVO-Kommentars und Autor zahlreicher Beiträge in der Datenschutz PRAXIS sowie in vielen weiteren Datenschutz-Veröffentlichungen. Außerdem moderiert er seit 2003 den Datenschutz-Kongress IDACON
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