Schutz von Informationsquellen

Es geht um eine Videoüberwachung
Stein des Anstoßes ist die Videoüberwachung eines Geschäftsraums. Geschäftsleute setzen eine solche Videoüberwachung aus unterschiedlichen Gründen immer häufiger ein, zumal die Kosten dafür inzwischen sehr überschaubar sind. Andererseits gibt es in relevanter Zahl Menschen, die nicht auf diese Art und Weise überwacht werden wollen. Ergebnis dieses Konflikts ist eine wachsende Zahl von Beschwerden über Videoüberwachung in Geschäftsräumen.
Im konkreten Fall geht es um einen Friseursalon. Die Geschäftsinhaberin hatte darin ein Kamerasystem angebracht. Darüber beschwerte sich jemand bei der Datenschutzaufsicht Nordrhein-Westfalen. Die Geschäftsinhaberin hatte dafür keinerlei Verständnis. Sie wollte deshalb unbedingt erfahren, wer sich an die Datenschutzaufsicht gewandt hatte.
Die Geschäftsinhaberin möchte Akteneinsicht
Das passende rechtliche Instrument dafür ist ein Antrag auf Akteneinsicht. Die Möglichkeit hierzu ist in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und aller Bundesländer geregelt (siehe § 29 des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes). Einen solchen Antrag stellte die Geschäftsinhaberin bei der Datenschutzaufsicht.
Die interessanten Infos sind geschwärzt
Dieser Antrag hatte einerseits Erfolg, andererseits aber nicht. Erfolg hatte er unter dem Aspekt, dass die Datenschutzaufsicht dem Antrag auf Akteneinsicht vom Grundsatz her stattgab. Als Misserfolg empfand die Antragstellerin, dass in den Akten alle personenbezogenen Daten der Person, die sich beschwert hatte, geschwärzt waren. Mit anderen Worten: Gerade die Information, für die sich die Antragstellerin besonders interessierte, wurde ihr verwehrt.
Laut Verwaltungsgericht geht das in Ordnung
Das wollte sie sich nicht gefallen lassen. Deshalb erhob sie Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht. Weit kam sie damit allerdings nicht. Denn schon während des Verfahrens wies das Gericht die Klägerin darauf hin, dass ihre Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird. Dafür führte es folgende Argumente an:
- Der Schutz von Informantinnen und Informanten wiegt in der Regel schwerer als das Interesse an einer Akteneinsicht „ohne Schwärzungen“.
- Das Recht, sich jederzeit wegen (angeblicher oder tatsächlicher) Datenschutzverstöße bei der zuständigen Aufsichtsbehörde zu beschweren, ist in Art. 77 DSGVO ausdrücklich als ein wichtiges Recht betroffener Personen verankert.
- Es liegt auch im öffentlichen Interesse, dass betroffene Personen eine solche Beschwerde einlegen können.
- Damit wäre es nicht zu vereinbaren, dass einer betroffenen Person aus einer solchen Beschwerde möglicherweise Nachteile entstehen.
- Teils-so auch in Nordrhein-Westfalen-legen landesrechtliche Vorschriften sogar ausdrücklich fest, dass einer betroffenen Person keine Nachteile aus einer Anrufung der Datenschutzaufsicht entstehen dürfen (siehe § 29 Satz 2 Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen).
- Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Datenschutzaufsicht in aller Regel die Daten schwärzen kann, wenn nicht sogar muss, aus denen die Identität der Beschwerdeführerin oder des Beschwerdeführers zu erschließen wäre.
Die Geschäftsinhaberin nahm die Klage zurück
Der Geschäftsinhaberin war angesichts dieser Argumentation des Gerichts klar, dass ihre Klage auf Akteneinsicht ohne „geschwärzte Teile“ keinen Erfolg haben würde. Deshalb nahm sie die Klage zurück, noch bevor es zu einer mündlichen Verhandlung kam.
Die Datenschutzaufsicht zeigt sich zufrieden
Die Datenschutzaufsicht Nordrhein-Westfalen zeigt sich sehr zufrieden darüber, dass die Angelegenheit so ausgegangen ist und betont, dass sie durchweg auch weiterhin dem Schutz ihrer Informationsquellen den Vorrang einräumen wird.
Ausnahmen hiervon hält sie zwar für möglich. Doch setze dies entweder voraus, dass die „Beschwerdeperson“ damit einverstanden sei oder dass im Einzelfall „gewichtige Gründe“ vorliegen. Dazu, worin solche „gewichtigen Gründe“ bestehen könnten, macht sie keine Ausführungen.
Andere Aufsichtsbehörden gehen genauso vor
Die Haltung der Datenschutzaufsicht Nordrhein-Westfalen deckt sich mit der Vorgehensweise, die bei anderen Aufsichtsbehörden üblich ist. So vertrat etwa der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz schon 2019 die Auffassung, dass die Aufsichtsbehörden zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertrauliche Informationen angewiesen seien. Deshalb sei die vertrauliche Behandlung unabhängig davon geboten, ob „Beschwerdepersonen“ ausdrücklich darum gebeten haben oder nicht (siehe Tätigkeitsbericht 2019, Nr. 5.3.1 am Ende).
Ausnahmen sind selten
Eine Ausnahme hält Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz allerdings für den Fall geboten, dass es sich erkennbar um haltlose, grob unwahre oder gar verleumderische Angaben handelt, gegen die sich die betroffene Person zur Wehr setzen will. Die Vermutung liegt nahe, dass dies Beispiele für „gewichtige Gründe“ wären, die nach Auffassung der Datenschutzaufsicht Nordrhein-Westfalen eine vollständige Akteneinsicht ohne Schwärzungen rechtfertigen würden.
Hier finden Sie die Quellen
Die Darstellung beruht auf Ausführungen im 30. Bericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2024, S. 139/140. Der Bericht ist abrufbar unter https://datenschutzarchiv.org/fileadmin/Dokumente/2024/TB_Nordrhein_Westfalen_LfD_30_2024_de.pdf.
Der Tätigkeitsbericht 2019 des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz ist abrufbar unter https://datenschutzarchiv.org/detailansicht/Dokumente/2019/29_TB_LfD_Bayern_2019_oDrsNr_25052020.pdf .