Führerscheinkontrollen durch Arbeitgeber?
Wer Halter eines Fahrzeugs ist und einem anderen dieses Fahrzeug zur Benutzung überlässt, muss nachprüfen, ob dieser andere die erforderliche Fahrerlaubnis besitzt. Ansonsten drohen dem Halter ernste rechtliche Konsequenzen. „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat.“ Diese Regelung des § 21 Abs.1 Nr.2 Straßenverkehrsgesetz lässt keine Zweifel.
Damit bleibt einem Arbeitgeber gar nichts anderes übrig, als sich „den Führerschein zeigen zu lassen“, bevor er Beschäftigten ein Dienstfahrzeug oder einen Firmenwagen überlässt. „Dienstfahrzeuge“ sind dabei nach dem üblichen Sprachgebrauch Fahrzeuge, die nur für Arbeitsfahrten verwendet werden. Einen „Firmenwagen“ dürfen Beschäftigte dagegen im vereinbarten Umfang auch für private Zwecke nutzen.
Fahrerlaubnis und Führerschein sind zwei verschiedene Dinge
Die übliche Formulierung „sich den Führerschein zeigen lassen“ erfasst nicht alle relevanten Aspekte. Entscheidend ist die Fahrerlaubnis, also die von der Fahrerlaubnisbehörde erteilte Erlaubnis, ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Der Führerschein ist das Dokument, das diese Erlaubnis nachweist. Wer lediglich ohne Führerschein fährt, etwa weil der verloren gegangen ist, begeht eine eher banale Ordnungswidrigkeit. Wer dagegen ohne Fahrerlaubnis fährt, bewegt sich mitten im strafrechtlich relevanten Bereich und riskiert im Extremfall eine Haftstrafe. Solange diese Unterschiede bewusst sind, gehen Ungenauigkeiten bei der Unterscheidung zwischen Führerschein und Fahrerlaubnis in Ordnung.
Ohne Datenverarbeitung geht es nicht
Ein Arbeitgeber, der sich den Führerschein zeigen lässt, um das Vorliegen der notwendigen Fahrerlaubnis zu prüfen, verarbeitet dabei personenbezogene Daten. Dies geschieht schon dadurch, dass er den Führerschein betrachtet. Denn dabei nimmt er die darin enthaltenen personenbezogenen Daten wahr. Das ist eine Datenerhebung. Zu einer weiteren Verarbeitung von Daten kommt es, wenn diese Daten ganz oder teilweise festgehalten werden. Dies ist dann eine Datenspeicherung. Für beide Vorgänge ist eine Rechtsgrundlage nötig.
Arbeitgeber erfüllen eine rechtliche Verpflichtung
Diese Rechtsgrundlage ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchstabe c DSGVO. Danach ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist. Darin besteht vom Ansatz her kein Zweifel. Das Straßenverkehrsgesetz lässt einem Arbeitgeber keine andere Möglichkeit, als das Vorliegen einer erforderlichen Fahrerlaubnis zu überprüfen, bevor er Beschäftigten ein Fahrzeug zur Benutzung anvertraut. Freilich bedeutet das nicht, dass der Zweck jedes Mittel heiligt. Hier gilt es vielmehr, zwischen den einzelnen Verarbeitungsvorgängen zu unterscheiden:
- Die Einsichtnahme in den Führerschein ist als solche ohne Wenn und Aber erforderlich. Arbeitgeber dürfen sich also alle Daten ansehen, die im Führerschein enthalten sind. Und sie dürfen auch auf die sogenannten „Echtheitsmerkmale“ achten, also Dienstsiegel und dergleichen. Denn natürlich müssen sie bei denkbaren Zweifeln sichergehen, dass ein echtes Dokument vorliegt.
- Schon etwas schwieriger ist die Frage zu beantworten, welche der im Führerschein enthaltenen Daten Arbeitgeber festhalten („protokollieren“) dürfen. Einigkeit besteht darüber, dass dies für den vollständigen Namen, die Führerscheinklasse und das Ausstellungsdatum des Führerscheins erlaubt ist. Denn nur mithilfe dieser Daten können Arbeitgeber im Ernstfall belegen, dass sie das Vorliegen der erforderlichen Fahrerlaubnis überprüft haben.
- Außerdem dürfen sie sich von dem oder der Beschäftigten bestätigen lassen, dass diese Angaben so stimmen. Alles, was darüber hinausgeht, ist nicht erforderlich, um die rechtlichen Verpflichtungen eines Fahrzeughalters aus dem Straßenverkehrsgesetz zu erfüllen.
Kopien von Führerscheinen sind unzulässig
Nicht zulässig ist es dagegen, dass Arbeitgeber eine Kopie des Führerscheins anfertigen. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für diese Frage existiert nicht. Diese Begrenzung lässt jedoch aus dem Grundsatz der Datenminimierung ableiten (siehe Art. 5 Absatz 1 Buchstabe c DSGVO). Zwar wäre es denkbar, dass Beschäftigte ihre Einwilligung für eine solche Kopie erteilen (Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchstabe a DSGVO). Wegen der hohen Anforderungen, die für Einwilligungen im Beschäftigungsverhältnis gelten, stehen die Aufsichtsbehörden für den Datenschutz solchen Einwilligungen jedoch sehr misstrauisch gegenüber. Stets besteht das Risiko, dass eine Einwilligung wegen des Über- und Unterordnungsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten als nicht wirksam angesehen wird.
Der Widerruf einer Einwilligung macht Aufwand
Abgesehen davon ist folgendes zu bedenken: Beschäftigte können eine Einwilligung jederzeit widerrufen. Auch wenn dies nur mit Wirkung für die Zukunft möglich ist (siehe Art. 7 Abs. 2 Satz 1 DSGVO), löst ein solcher Widerruf für den Arbeitgeber immer beträchtlichen Aufwand aus. Er muss die erforderlichen Daten aus der Kopie des Führerscheins in eine Notiz übertragen. Anschließend muss er die Kopie des Führerscheins vernichten. Da ein Widerruf oft dann erfolgt, wenn es zu Spannungen gekommen ist (etwa nach einer Kündigung), kann dies alles durchaus als stressig empfunden werden.
Eine Kontrolle pro Halbjahr ist o. k.
Für die tägliche Praxis wichtig ist die Frage, wie oft sich Arbeitgeber das Vorliegen einer Fahrerlaubnis nachweisen lassen müssen, um den Vorgaben des Straßenverkehrsgesetzes zu genügen. Im Normalfall gilt eine Kontrolle im Abstand von jeweils sechs Monaten als ausreichend. Solche Wiederholungskontrollen müssen dokumentiert werden. Dass dabei bestimmte Daten festgehalten werden, insbesondere das Datum der Kontrolle und der Vermerk, dass sich an den Daten der Fahrerlaubnis nichts geändert hat, ist erforderlich im Sinne des Datenschutzrechts.
Hier finden Sie noch mehr zum Thema
Die Datenschutzaufsicht Hessen hat das Thema in ihrem Tätigkeitsbericht 2024, S. 113- 117 ausführlich behandelt. Dabei geht sie auch darauf ein, was ein Arbeitgeber bei der Kontrolle von Personalausweisen Beschäftigter zu beachten hat und dass es für das Kopieren von Personalausweisen eine besondere gesetzliche Regelung gibt (§ 20 Abs.2 Personalausweisgesetz). Dieser Aspekt ist vor allem in größeren Unternehmen wichtig, weil dort meist eine Fuhrparkleitung vorhanden ist, die wegen der Größe der Belegschaft gar nicht alle Beschäftigten persönlich kennen kann. Der Tätigkeitsbericht ist abrufbar unter https://datenschutzarchiv.org/fileadmin/Dokumente/2024/TB_Hessen_LfD_53_2024_de.pdf .