Analyse
/ 26. April 2023

Das Medienprivileg auf dem unionsrechtlichen Prüfstand

Datenschutzbeauftragte (DSB) sollten nach dem Urteil des österreichischen Verfassungsgesichtshofs den journalistischen Bereich in den Blick nehmen. Auch wenn im Kernbereich der journalistischen Tätigkeit die DSGVO eine Randerscheinung bleibt, wirft die Entscheidung ihre Schatten voraus.

Die EU hat das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in Art. 85 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) berücksichtigt. Über diese Öffnungsklausel können nationale Gesetzgeber Regelungen treffen, die den Datenschutz vor dem Hintergrund der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken bedenken. Dabei ist den Besonderheiten der Presse Rechnung zu tragen, um z.B. Quellen zu schützen. Denn die strengen Anforderungen der DSGVO wären ein Hemmschuh und würden die Aufgabe von Journalisten konterkarieren.

Durch die Formulierung des Art. 85 DSGVO sowie des Erwägungsgrunds 153 wird deutlich, dass der Verordnungsgeber unter bestimmten Voraussetzungen und mit Blick auf eine funktionierende Presse Ausnahmen ermöglichen wollte. Ein Freifahrtschein oder gar ein Ausblenden des Schutzziels der DSGVO geht damit gleichwohl nicht einher. Das Medienprivileg darf keine Überprivilegierung darstellen.

Medienprivileg in Österreich rechtswidrig

Das Urteil des österreichischen Verfassungsgerichtshofs (VfGH, Urteil vom 14.12.2022 – G 287-288/2022) machte zu eben jener Privilegierung der Medien Schlagzeilen, indem es Art. 2 § 9 Abs. 1 Datenschutzgesetz (DSG) für rechtswidrig erklärte. Das österreichische DSG ergänzt die DSGVO.

Im Bericht über eine Hausdurchsuchung veröffentlichte ein Medienunternehmen ein Bild mit einer ungeschwärzten Visitenkarte, sodass Kontaktdaten und Arbeitgeber ersichtlich waren. Das Unternehmen erstattete Selbstanzeige, nahm eine Korrektur nach Medienrecht vor und berief sich auf das Medienprivileg, da die Veröffentlichung…

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