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14. April 2023

EuGH stellt deutschen Beschäftigtendatenschutz in Frage

Muss der Beschäftigtendatenschutz neu erfunden werden? Der EuGH stellt deutsche Regelungen zum Artikel 88 der DSGVO in Frage.
Bild: Fokusiert / iStock / Getty Images Plus
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Beschäftigtendatenschutz
Muss der Beschäftigtendatenschutz in Deutschland neu erfunden werden? Wahrscheinlich schon, denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellt in seinem Urteil vom 30. März 2023 deutsche Regelungen zum Artikel 88 der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Frage.
Die Öffnungsklausel in Artikel 88 DSGVO

Artikel 88 der DSGVO regelt die „Datenverarbeitung im Beschäftigungskontext“. Er ist eine Öffnungsklausel und besagt: „Die Mitgliedstaaten können durch Rechtsvorschriften oder durch Kollektivvereinbarungen spezifischere Vorschriften zur Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheiten hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigungskontext (…) vorsehen.“

Deutschland hat „spezifischere Vorschriften“ erlassen

Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und in Paragraph 26 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) „spezifischere Vorschriften“ erlassen.

Hier heißt es: „Personenbezogene Daten von Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder (…) für dessen Durchführung oder Beendigung (…) erforderlich ist.“

Datenschützer fordern Beschäftigtendatenschutzgesetz

Diese Regelung bezeichnet die Konferenz der unabhängigen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) in ihrer Entschließung vom April 2022 als „nicht hinreichend praktikabel, normenklar und sachgerecht“– und fordert deshalb ein eigenständiges Beschäftigtendatenschutzgesetz.

Konkreter Fall aus Hessen führt zum Urteil

Ein solches Beschäftigtendatenschutzgesetz hätte wohl auch im konkreten Fall in Hessen geholfen, mit dem sich der Europäische Gerichtshof nun befasst hat.

Laut einem Bericht von datenschutznotizen.de wurde in einer öffentlichen Schule in Hessen während der Corona-Pandemie ein „Livestream-Unterricht per Videokonferenz“ eingeführt. Vorab hätten zwar die Eltern der Kinder und die volljährigen Schüler eine Einwilligung zur Datenverarbeitung erteilen müssen, für Lehrer sei eine solche Einwilligung aber nicht vorgesehen gewesen. Der Hauptpersonalrat habe deshalb Klage beim Verwaltungsgericht Wiesbaden eingereicht – und dieses habe das Verfahren an den Europäischen Gerichtshof weitergegeben.

Keine „spezifischere Vorschrift“ im Sinne von Artikel 88 DSGVO

Der Europäische Gerichtshof erklärt in seinem Urteil in der Rechtssache C-34/21:

„Art. 88 (…) ist dahin auszulegen, dass eine nationale Rechtsvorschrift keine ‚spezifischere Vorschrift‘ im Sinne von Abs. 1 dieses Artikels sein kann, wenn sie nicht die Vorgaben von Abs. 2 dieses Artikels erfüllt.“

Dieser Absatz 2 regelt, dass die „spezifischeren Vorschriften“ Regelungen „zur Wahrung der menschlichen Würde“ und „der berechtigten Interessen und der Grundrechte der betroffenen Person“ vorsehen müssen.

Das ist laut EuGH bei der hessischen Regelung zum Beschäftigtendatenschutz nicht der Fall. Nach Einschätzung vieler Juristen lässt sich dieses kritische Urteil auch auf die nahezu identischen Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz im Bundesdatenschutzgesetz übertragen.

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Elke Zapf

Elke Zapf
Verfasst von
Elke Zapf
Elke Zapf
ist freiberufliche Kommunikationsexpertin und Journalistin. Ihre Schwerpunkte sind Wissenschaft, Forschung, nachhaltiger Tourismus und Datenschutz.

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