Wollen sich die Datenschutzaufsichtsbehörden bei der Höhe von Geldbußen gegenseitig übertreffen? Die Aufsichtsbehörde Hamburg verhängte gegen das Unternehmen H&M eine Geldbuße von 35.258.708 € (siehe https://ogy.de/pm-hm-verfahren). Das Unternehmen akzeptierte die Geldbuße und zahlte. Ebenso verhielt sich die AOK Baden-Württemberg nach einer Geldbuße der Datenschutzaufsicht Baden-Württemberg über 1.240.000 € (siehe hierzu die Pressemitteilung der Behörde unter https://ogy.de/pm-aok-bw).
Warum sind H&M und die AOK eingeknickt?
Da die Unternehmen zahlten, kam es in beiden Fällen nicht zu einem gerichtlichen Verfahren. So bleibt leider offen, wie ein unabhängiges Gericht den Sachverhalt und die Höhe der Geldbuße jeweils beurteilt hätte.
Ist der Schluss erlaubt, dass die Geldbußen aus Sicht der betroffenen Unternehmen rechtlich in Ordnung waren? Ganz sicher nicht! Es kann ohne Weiteres sein, dass sie die Geldbußen für ungerecht hielten, aber trotzdem nichts unternahmen. Naheliegendes Motiv: Sorge vor negativer öffentlicher Aufmerksamkeit durch ein langes Gerichtsverfahren.
1&1: Eine um 90 % geschrumpfte Geldbuße
Umso mehr Beachtung verdienen zwei Fälle, in denen sich Unternehmen gegen hohe Geldbußen vor Gericht wehrten. Der Telekommunikationsanbieter 1&1 erreichte, dass das Landgericht Bonn eine Geldbuße des Bundesbeauftragten für den Datenschutz im Ergebnis um über 90 % reduzierte. Das Urteil des Landgerichts vom 11.11.2020 ist auf www.datenschutz-praxis.de ausführlich analysiert: https://ogy.de/dp-geldbusse-schrumpft. Es ist inzwischen rechtskräftig.
Deutsche Wohnen: Sieg vor Gericht noch unsicher
Darin liegt ein wichtiger Unterschied zu dem Erfolg, den das Unternehmen Deutsche Wohnen beim Landgericht Berlin erzielt hat. Zwar hat das Gericht die Einstellung des Verfahrens verfügt (siehe https://ogy.de/lg-berlin-deutsche-wohnen). Dagegen hat die Staatsanwaltschaft Berlin allerdings im Einvernehmen mit der Datenschutzaufsicht Beschwerde eingelegt (siehe https://ogy.de/pm-BlnBDI-deutsche-wohnen).
Update Januar 2022: Mittlerweile liegt der Fall beim Europäischen Gerichtshof. Das Verfahren, für das derzeit das Kammergericht Berlin zuständig ist, ist daher derzeit ausgesetzt. Das Kammergericht hat dem EuGH einige rechtliche Fragen zur Klärung vorgelegt.
Damit ist rechtlich gesehen noch alles offen. Sollte die Beschwerde erfolgreich sein, könnte für das Unternehmen das Sprichwort gelten „Wie gewonnen, so zerronnen!“.